Bei einigem nostalgischen Stöbern in den unermesslichen Hallen meines Videoarchivs kam mir der Gedanke, eine Reihe mit “vergessenen Filmen” zu starten. Nicht einmal 500 Menschen haben diese Produktionen in der IMDb bewertet, sie sind einem breiten Publikumskreis bisher nicht bekannt? Super, dann schaue ich sie mir an! Zunächst habe ich TV-Produktionen der 90er Jahre (wieder-)entdeckt.
Der Todesplanet – New Eden (USA 1994)
Stephen Baldwin gibt im 23. Jahrhundert als zu einer Haftstrafe verurteilter Ingenieur auf einem Wüstenplaneten den Öko-Messias und kämpft mit einem friedliebenden Völkchen nach moralischen Bedenken dann doch gegen brandschatzende und mordende „Sand-Piraten“. Tobin Bell, bekannt als Mastermind aus den „Saw“-Filmen, unterrichtet ihn vorher in der Kampfkunst und noch weiter vorher kriegt er die heißeste Ische im Trümmerdorf (Lisa Bonet) ab, deren Haar trotz permanentem Wassermangels und Übergriffen stets perfekt frisiert ist. In einer dürftigen Story werden viel „Dune“, ein bisschen „Mad Max“ und ein Hauch von „Star Wars“ (Söhnchen heißt schließlich Luke) zu einem unentschlossenem, aber immerhin leidlich unterhaltenden SciFi-Liebesdrama-Action-Brei gemixt, dessen Finale (ein Zweikampf!) leider mangels Budget ziemlich enttäuscht. Originell: die häufig eingesetzte Blockflöte beim angedeuteten Ethno-Score. Doch insgesamt regiert neben großartig schlechten Papier-Monologen wie „Tut es nicht, weil es moralisch ist. Tut es, weil es vernünftig ist!“ das Mittelmaß.
Night of the Running Man (USA 1995)
Las Vegas – die Stadt der zerplatzenden Träume: Taxifahrer Jerry (Andrew McCarthy) findet auf dem Rücksitz einen Koffer voller Geld. Der Dieb kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Dumm nur, dass es der eigentliche Besitzer zurückhaben möchte und der gewiefte Killer Eckhart (Scott Glenn) auf ihn angesetzt wird, der Jerry quer durch die USA verfolgt. Dieser virile Geselle wird treffend eingeführt mit einer Sex-Szene und einem Dialog mit einem alten Freund, bei dem Eckhart ihn zuerst fragt, wie es um sein Sexleben bestellt ist. Potenz ist ein zentrales Motiv bei dieser Hatz, da auch dem von der Pussy zum Mann mutierenden Jerry nach diversen Drangsalierungen nur mit Hilfe einer gerade kennengelernten und schon begatteten Krankenschwester die Flucht gelingt. Kein Wunder eigentlich, denn Mark L. Lester saß auf dem Regiestuhl, der ja schon in “Phantom-Kommando” Action und die männliche Sexualität miteinander verband und verhandelte. Ein kleiner, spannender und handwerklich solider Actionthriller, der jedoch im Verlauf zunehmend mit einigen Konstruiertheiten und logischen Schwächen zu kämpfen hat und zwei auffällige Untersichten rätselhafter Bedeutung als auffälligstes Stilmittel in einer ansonsten konventionellen Inszenierung aufweist.
Das Finale (D 1998)
Während des DFB-Pokalfinals zwischen Hertha BSC und Hansa Rostock dringt eine Bande von Terroristen ins Berliner Olympiastadion ein, erbeutet die Ticketeinnahmen und verschanzt sich in der Überwachungszentrale. Einzig der Ex-Polizist und jetzige Chef der Sicherheitsfirma Tobias Bender kann da noch helfen. In dieser deutschen Antwort auf „Sudden Death“ gibt Francis Fulton-Smith den Möchtegern-Bruce Willis mit dem Charisma eines quietschgelben Auswärtstrikots. Der wie eh und je trockene und coole Christoph Waltz mit Rollennamen Kant spielt ihn als Ober-Bösewicht lässig an die Wand und Armin Rohde als der wohl schlechteste, da analysefreiste Fußball-Kommentator schlechthin, bleibt eine unnötige Witzfigur. Überraschende Wendungen, Archivaufnahmen eines echten Fußballspiels und eine zumindest gegen Ende ordentlich kleckernde Pyrotechnik sorgen in dieser stark auf amerikanische Vorbilder schielende ProSieben-Produktion trotz einiger tiefer Griffe in die Klischeekiste (traumatische Vergangenheit des Protagonisten, arg dick aufgetragene Love interest) für Abwechslung.