Blu-Rays und DVDs sind die bevorzugten Datenträger, wenn der gewünschte Streifen nicht gerade im üppigen Angebot von Streamingportalen von Amazon Prime bis Videoload zu finden ist. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Filmen, die es (bisher) in Deutschland nicht über eine VHS-Veröffentlichung hinaus geschafft haben. Genau, liebe Millenials: auf Videokassette, einem Magnetband, voll old school. Ich habe über Weihnachten in der heimischen Sammlung meiner Eltern gewühlt und ein paar Raritäten ausgegraben.
Der Wolf der sieben Meere (Die Höllenfahrt) (IT 1975)
Diese italienische Adaption von Jack Londons Abenteuerroman „Der Seewolf“ zählt stattliche fünf deutsche Videoveröffentlichungen, wobei die vorliegende in Papphülle etwas räudig ist. Die Geschichte um den verschleppten Gentleman Humphrey van Weyden (gespielt von Giuseppe Pambieri), der sich an Bord eines Kahns von Seehundjägern unter dem harten Regiment des grausamen, aber gebildeten Kapitäns Wolf Larsen (Chuck Connors) wiederfindet, ist schnell erzählt. Einige actionreiche Fahrten durch die stürmische See sorgen für Kurzweil, der gitarrenlastige Soundtrack von „Der Wolf der sieben Meere“ erinnert an Western. Auch ein running gag ist im Film zu finden: Dem Hochbeete pflegenden Schiffsgärtner mit Strohhut gelingt es beim Wegschütten von Brackwasser nie, die Windrichtung korrekt zu peilen – weswegen er es immer wieder volle Breitseite abbekommt. In einer Nebenrolle: Das damalige Top-Model Barbara Bach (zwei Jahre später als Bond-Girl in „Der Spion, der mich liebte“ zu sehen), das auch unter versoffenen Matrosen und bei akutem Trinkwassermangel an Bord stets wie aus dem Ei gepellt mit akkurater Hochsteckfrisur unterwegs ist.
La Blanca Paloma – Die weiße Taube (ESP 1989)
Ja, Antonio Banderas war bereits vor seinem Sprung nach Hollywood ein bekanntes Gesicht, das nicht zuletzt von Filmemacher Pedro Almodóvar gefördert wurde. Weniger bekannt ist die unterkühlte Liebesgeschichte „La Blanca Paloma“, in der trotz sekundenkurz entblößtem Po nur wenig von seinem Image als “Latin Lover” zu spüren ist, mit dem diese VHS agressiv vermarktet wird: Das stilisierte Frontcover-Motiv der VHS von MIC wurde gleich nochmal fürs Backcover verwendet – und hat wirklich nichts mit derm Film zu tun. Der schüchterne baskische Lieferant Mario (Banderas) verguckt sich in die temperamentvolle spanische Kellnerin Rocio (Emma Suárez) und beginnt, um sie zu werben. Das bringt große Probleme mit sich: Während der zunehmend politikverdrossene Mario von seinen baskischen Freunden im Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier zum Widerstand aufgerufen wird, sieht der herrische Bodega-Besitzer Domingo (Francisco Rabal) durch Mario die inzestuöse Beziehung zu seiner Tochter bedroht, welche die kranke Mutter pflegt.
Regisseur und Drehbuchautor Juan Miñón erzählt einfühlsam eine in unterkühlte Bilder gehüllte und tief im Alltag verwurzelte Liebesgeschichte, in der romantische Zweisamkeit wie bei einer nächtlichen Flucht in ein heruntergekommenes Haus als improvisiertes Liebesnest Seltenheitswert genießt. Klatschende Hände beim Tanz und beim Pelota werden zum enervierenden musikalischen Leitmotiv dieses spröden, aber vielschichtigen Polit-Liebesdrama mit symbolträchtigem Finale, das eine verstörende Vergewaltigungssequenz aufweist.
Unborn – Kind des Satans (USA 1991)
Fans von trashigen Horrorkomödien könnte der Filmemacher Rodman Flender durchaus ein Begriff sein, zu dessen Oeuvre Produktionen wie „Leprechaun II – Der Killerkobold kehrt zurück“ und „Die Killerhand“ (1999) zählen. Von dieser Leichtigkeit ist in seinem bierernsten Debüt „Unborn – Kind des Satans“ noch nichts zu spüren, dem es trotz der kontrastreichen Kameraarbeit vom späteren „The Dark Knight“-Kameramann Wally Pfister an Charme fehlt. Wegen Fehlbildungen in ihren Eierstöcken ist Virginia Marshall (Brooke Adams) und Ehemann Brad bisher das Elternglück versagt geblieben. Der Mediziner Dr. Meyerling (James Karen) verspricht mit neuen Methoden Abhilfe – verheimlicht aber, dass er eigentlich an der Entschlüsselung des menschlichen Genoms arbeitet, was dem Fötus zu ein paar Chromosomen mehr verhilft… Sehr viel gediegene Langeweile bei schlurfigen Spannungsaufbau, eine Handvoll hübsche Effekte mit prothetischen Make-Up, etwas Gore (ihhhh, ein aufplatzender Bauchnabel) und eine schön-schauerhafte animatronische Babypuppe lassen „Unborn – Kind des Satans“ wie eine zu lang geratene „Akte X“-Folge erscheinen. Kurios an der VHS-Kassette von Columbia übrigens: Neben zwei Trailern vor ist ein dritter Trailer nach dem Hauptfilm aufgespielt. Seltenheitswert!