Kontrapunkt: Max Payne & The Marine

Als wäre ein mit Zelluloid-Ausgeburten vollgestopftes Filmfest-Wochenende in Wiesbaden nicht genug, ließ ich mich in meiner Tätigkeit als Computerspiel-Abstinenzler von jemandem, der das Spiel fanatisch gezockt hat, doch mit ins Kino locken zu der jüngsten gescheiterten Daddel-Verfilmung mit Mark Wahlberg als Hauptdarsteller und ausnahmsweise mal ohne Uwe Boll auf dem Regiestuhl. Das Ergebnis hätte jedoch kaum Boll-liker ausfallen können.

Und dann war da noch ein herrlicher Action-No-Brainer mit Wrestler John Cena, in dessen Genuss ich am Montag während meiner nicht allzu anstrengenden Schicht auf DVD kam. Ich hatte meinen Spaß, auch wenn mir zu jeder Sekunde klar war, dass ich mir eigentlich gerade totalen Blödsinn (wie war das gleich noch in Adornos Kulturindustrie mit der „Verdummung der Massen“?) anschaue.

Max Payne (USA/CDN 2008)
Kleiner Gedichtworkshop mit Mark Wahlberg auf dem Leipziger Hauptbahnhof, wo auch schon mal Costa Cordalis gelangweilt herumsaß und Autogramme kritzelte. Lektion Nr. 1: Was reimt sich auf „Max Payne“ in Bezug auf eine erschöpfende Filmkritik und in Absehung eines passenden Versmaßes?

Mögliche Antworten:
– makes pain your brain
– ist lust- und belanglos hoch 10
– muss man nicht unbedingt sehen
– Mark Wahlberg soll nach Hause gehen
– die schicken Bilder sind ganz nett anzusehen
– Wunder werden auch durch Drogen nicht geschehen.

Mehr fällt mir nicht mehr ein und Mark Wahlberg darf übergehen zu Lektion Nr. 2: stilistische Mittel. Dazu kommen mir folgende Dinge ins Gedächtnis: Nett-düstere Film Noir-Optik, eher unspektakuläre Action, nette Fantasyeffekte mit den Walküren (nein, nicht Tom Cruise).

Fazit: Der anschließende Besuch bei McDonald’s war nahrhafter als dieser immerhin recht nett wegzuguckende Murks.

The Marine (USA 2006)

John Cena ist Wrestler und das sieht man seinem gestählten Körper an. „The Marine“ ist ein dummer Actionfilm, der läppische 15 Mio. Dollar kostete. Und beides passt irgendwie zusammen wie die Faust aufs Auge.

Die Story um einen vom Robert „T-1000“ Patrick dargestellten Bösewicht, der Diamanten geklaut hat und dann die Frau von Ex-Marine John Triton (John Cena) auf seiner Flucht als Geisel nimmt, um sich absetzen zu können, ist kaum der Rede wert. Doch es knallt an allen Ecken und Enden, wobei die Stunts (Auto fliegt durch die Luft über einen Abhang und explodiert, während Fahrer John Cena aus gefühlten 100 Metern noch in einen Fluss springen kann und überlebt) überdrehter nicht sein könnten.

Die Dialoge sind unfassbar doof, das Skript löchrig, aber immerhin originell-zitatenreich, wenn ein ängstlicher Afroamerikaner-Helferscherge ohne Vorwarnung und total unpassend zur Banjo-Musik, die man aus Beim Sterben ist jeder der Erste kennt, von seinen befremdlichen Erfahrungen mit weißen Erziehern aus dem Ferienlager erzählt.
Fazit: Völlig gaga, nicht hochklassig und Action-Trash in Reinkultur, aber zumindest immer sehr unterhaltsam.

Kontrapunkt: Das Exground Filmfest in Wiesbaden

Nachdem ich mit meinen Kommentaren schon einige Male Spuren auf diesem Blog hinterlassen habe, hatte die Inhaberin endlich ein Einsehen und gab mir diesen Platz für meine knappen Ergüsse zu Filmen jeglicher Art. Sollten meine Gedanken über einige wenige ironische Spitzen und Bemerkungen hinaus in ausladender Kritikform gebündelt sein, werde ich sie auch weiterhin wie bisher entweder in der OFDb oder auf MovieMaze veröffentlichen, damit ich zumindest hier niemanden damit langweile.

Da wären wir auch schon bei einer kurzen Vorstellung meinerseits. 23-jähriger, eher arbeitsunwilliger Student der Medienwissenschaft mit Namen Lutz Granert, engagierter Redakteur bei einer Hochschulzeitschrift, Filmliebhaber mit Hang zum Senfdazugeben und tollkühner Subjektiv-Bewerter treffen es wohl am besten. Filme sind mein Hobby und das – so hoffe ich – wird man meinen kurzen Kritiken in Expressform auch anmerken. Wenn nicht (oder wenn ganz besonders): sagen und ich mach’s besser/schlechter.

Doch genug des Geplänkels und Vorhang auf für mein Reich im Reich von the gaffer: den Kontrapunkt.


Exground Filmfest Wiesbaden 2008

Wie auch die hiesige Blogbetreiberin ließ ich mich am vergangenen Wochenende von Freitag bis Sonntag nach Wiesbaden zum Exground Filmfest begeben. Ließ deshalb, weil ich nicht selber mit dem Auto fahren musste (danke, Christoph!).

Zwei Stunden im Stau auf der Autobahn ließen unser pünktliches Erscheinen zu Sparrow von the gaffers Regie-Liebling Johnnie To in Gefahr geraten, doch glücklicherweise schafften wir es gerade noch rechtzeitig zur – und das muss ich so undifferenziert sagen – schlicht tollen Caligari-Filmbühne; einem Kino, so wie es sein muss: groß, geräumig, viel Platz, Einrichtungs-Augenschmaus. Die eher gewöhnungsbedürftige Wiesbadener Einbahnstraßen-Manie in der Innenstadt vermochte es – neben des Beinaheausbruchs von Gehirnkrebs beim Mitsingen extrem mäßiger Popsongs zuvor – auch nicht, uns davon abzuhalten.

Sparrow (HK 2008):

Charmante Hongkonger Gauner-Romantikkomödie mit einer sehr brutalen Entgleisung in der sonst eher konventionellen Inszenierung, die jedoch aufgrund der physischen Folgen für die Protagonisten (Gipsverbände) als humoristisches Highlight herhält. Eine schön mit Zeitlupen stilisierte Trickdiebe-Duellszene im Regen lenkt davon ab, dass man alles in allem zwar solide, aber nicht überragende Unterhaltung präsentiert bekommt.

Nach dem Ende dieses Films schlossen sich etwa morgens halb 1 genau 13 Kurzfilme an, von denen mir folgende im Gedächtnis geblieben sind:

Plot Point: Interessanter Experimentalfilm um die Wirkung, die beklemmende Musik u.a. aus Michael Manns „Heat“ auf eine Großstadtszenerie von New York und deren belebte Innenstadt ausüben kann. Originell, mutig, aber auch letztendlich etwas fragwürdig.

Dreams and Desires – Family Ties: Ganz nett animierter, aber in Sachen Inhalt und Humorverständnis grottiger Animationsfilm um eine Frau mit Digitalkamera auf einer Hochzeit. Nicht der schlechteste Film aller Zeiten, aber das auch nur, weil es noch Uwe Boll gibt und man in einer Sequenz sieht, wie ein Hund kackt, was evident für das Niveau dieser Beleidigung aus dem Vereinigten Königreich für den westeuropäischen Verstand ist.

Kwiz: Ein bei einer Lauflänge von 5 Minuten ziemlich prägnanter belgischer Kurzfilm, der seine Idee eines Klassik-Klingelton-Erraten-Duells im Wartezimmer zwischen zwei Frauen konsequent fortführt und gleichsam mit einer beachtenswerten Eskalationslogik, die ironisch gebrochen wird, zum Schmunzeln anregt. Auf das Nötigste beschränkt, ist Kwiz nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Essenz, die für eine brillante Kurz-Komödie benötigt wird: Zwei skurrile Figuren, eine tolle Idee und eine hochgradig köstliche Pointe.

Lightborne (Alumbramiento): Sehr intensiver und deswegen verstörender spanischer Film um eine Todkranke und den Umgang von deren Nachkommen mit dieser Situation. Tief bewegend, buchstäblich todernst, toll gespielt, bleischwer und anspruchsvoll, aber am Ende leider etwas planlos.

Nach einigen weiteren, aber nicht so deutlich im Gedächtnis gebliebenen Kurzfilmen, zu denen ich das ein oder andere überteuerte Bier aus der Kino-Bar genoss, ging es morgens gegen halb 4 noch zum Dönermann um die Ecke, wo wir noch diverse türkische Spezialitäten in unsere knurrenden Mägen hineinstopften, bis schließlich kurz vor 5 in unserem Einzel-Hotelzimmer, welches wir – Schlafsäcke machten es möglich – zu viert bewohnten, die Lichter ausgingen.

Kurzes Innehalten, Nachtruhe.

Nächster Morgen, will heißen Mittag, Samstag: Aufstehen, Frühstücken im „Café Extrablatt“ und dann nach kurzer Stadtbesichtigung wieder ins Kino. Dieses Mal zu The King of Ping Pong.

The King of Ping Pong (S 2008):

Eine wirklich sehr eigenwillige, um nicht zu sagen seltsame – ja wie soll man das nennen? – Adoleszenzdramödie, die mit stets unheilvoller, übermäßig dramatischer Musikuntermalung verstört und mit einem Nichts an Handlung irritiert. Es geht irgendwie um einen etwas beleibteren Jugendlichen (ja, Erinnerungen an die eigene Kindheit werden wach), der mit seiner familiären und schulischen Situation nicht zurechtkommt. Nur im Ping Pong hat er etwas drauf… Bin dann irgendwann im Kino eingepennt (nur 4 Stunden Schlaf in der Nacht machten sich bemerkbar), fand diesen sperrigen, aber narrativ hoch interessanten, zuweilen auch etwas langweiligen Film aus Schweden aber trotzdem irgendwie faszinierend.

20.00 Uhr schloss sich eine Kurzfilmsichtung der etwas anderen Art an: „A Wall is a Screen“. Naja, the gaffer höchstselbst (verdammter Chef!) hat ja schon alles dazu gesagt.

Es schloss sich um 22.15 Uhr die Dokumenatation 9to5 – Days in Porn vom deutschen Filmemacher Jens Hoffmann an, der zwar etwas oberflächlich, aber auch sehr interessant geriet, wobei ich an dieser Stelle mal ganz selbstlos auf meine  ausführliche Kritik dazu verweisen möchte. Nach Filmende schloss sich eine sehr aufschlussreiche, aber durch unzählige Fragen auch ermüdende Diskussion mit Jens Hoffmann und Produzentin Cleonice Comino an, in welcher die Probleme bei der Finanzierung des Films ebenso wie der Produktionsprozess erläutert worden.

Mit einer halbstündigen Verspätung und ewigem DVD-Verlosungs-Gehader (also etwas Punkt 1 Uhr morgens) schloss sich dann eine extrem krasse japanische Trash-Granate namens The Machine Girl an.

The Machine Girl (USA/J 2008):

Extrem brutaler und blutiger Splatter-Spaß, bei dem mit Blut-Fontänen nicht gespart wurde. Die Dialoge sind dünn, die Hauptfigur – der nach der Ermordung ihres Bruders von den gleichen bösen Typen der Arm abgehackt wurde – auch und der Film unterhielt mit seinen unverblümten Hang zum Trash. Das Gegröle der Menge hinter mir im Caligari-Kinosaal hielt mich während der durchaus vorhandenen ruhigeren Szenen vom Einnicken ab.

Gegen 3 war dann aber auch (endlich) Schluss und es ging ab in die Schlafsack-Heia, in der ich einmal mehr nicht wirklich gut und lange schlafen konnte. Am nächsten Tag ging´s dann zum Mittagsfrühstück erst in den Starbucks (verdammte Schleichwerbung) und dann wiederum zum Dönermann unseres Vertrauens. Die Rückfahrt verlief mit Ausnahme einer defekten Sprühanlage (oder wie heißt das Ding?) an der Frontscheibe des Autos und gewagten Experimenten mit Wasserflaschen, die als Ersatz bei 120 darauf entleert wurden, ohne Zwischenfälle.

Fazit: Ziemlich geiles Festival, gerne wieder, aber irgendwie ist Einiges an Geld dabei draufgegangen. Ja, the gaffer wird jetzt sagen, dass ich nur meckern kann. Endlich bin ich zwecks eines Filmfestes mal aus Jena herausgekommen, obwohl Cellu l’art, das hiesige Kurzfilmfestival hier noch mal in aller Form gelobhudelt werden darf!


Zum Weiterlesen:

Ein weiterer Festivalbericht von the gaffer.