Nach seinem Star Wars-Ausflug stellt Autor-Regisseur Rian Johnson ein Whodunit mit Daniel Craig als exzentrischem Detektiv vor. Im Podcast sprechen wir über die Puzzle-Erzählung von Knives Out, haben ganz unterschiedliche Meinungen zur Figur von Ana de Armas und kommen bei den flauschigen Pullovern wieder zusammen. Außerdem betrachten wir Kristen Stewarts Star-Präsenz im Monster-Thriller Underwater von William Eubank. Viel Spaß!
Shownotes
00:01:15 – Knives Out von Rian Johnson, 2019 (Spoiler!)
00:47:25 – Underwater von William Eubank, 2020 (Spoiler!)
Das Marvel Cinematic Universe erreicht seinen vorläufigen Endpunkt – dies will uns zumindest das Marketing für Avengers 4: Endgame vorgaukeln. Im Podcast reden wir diesmal ausschließlich – und wie immer voller Spoiler – über den Abschluss der sogenannten Infinity Saga. Dabei diskutieren wir, ob uns Disney hier ein Best-of des MCU vorsetzt, was Endgame von Infinity War unterscheidet und wer der wahre Autor des MCU ist. Außerdem werfen wir einen ausführlichen Blick auf die Zukunft, ob auf der großen Leinwand oder bei Disney+. Viel Spaß!
Shownotes:
00:01:13 – Avengers: Endgame (Spoiler!)
Die drei Stimmungen des Films
Endgame als Best-of des MCU
Wer ist der “Autor” von Endgame und welche Rolle spielen die Russos?
Wir besprechen den größten Crossover der Filmgeschichte oder wenigstens der Marvel-Disney-Geschichte im neuen Wollmilchcast. Dabei diskutieren Matthias von Das Filmfeuilleton und ich, ob Avengers: Infinity War mehr ist als nur eine beeindruckende Content Management-Leistung, inwiefern eine echte serielle Erzählung ins Marvel Cinematic Universe Einzug hält und ob der Film tatsächlich aus der Sicht des Bösewichts erzählt wird, wie versprochen. Dabei sei von vornherein vor Spoilern gewarnt. Viel Spaß! Shownotes:
Spoiler!
Hört euch die Wollmilchcast-Folge an: Bei Audiomackoder hier im Blog:
Ob bewusst deswegen gewählt oder nicht, ein genialer Schachzug ist das Casting von Chris Evans in Snowpiercer auf jeden Fall. Anders als den übrigen Filmsuperhelden seiner Generation ist Evans Captain America eine Naivität und Ehrlichkeit zu eigen, wie sie im Goldenen Comic-Zeitalter über die Panels flog und mit Christopher Reeve auf der Leinwand landete. Captain America, der in Joe Johnstons Abenteuer wohl nur von Marvel und zaghaften Drehbuchautoren davon abgehalten wurde, Hitler persönlich zu vermöbeln, mag neben arroganten Göttern, dauerironischen Milliardären und an sich selbst zweifelnden Wissenschaftlern als Utopie in Menschengestalt erscheinen. So nehmen wir Evans die Rolle des Messias Curtis in Bong Joon-hos neuem Film ohne Hintergedanken ab. Curtis ist kein Winston Smith oder Sam Lowry, kein kleines Licht, das durch einen Zufall in den Widerstand gegen ein repressives System gerät. Curtis ist auserwählt und so begrenzt Bong die Vorgeschichte auf einen kurzen Prolog, der von gescheiterten Maßnahmen gegen die globale Erwärmung erzählt. Verkörpert werden diese durch drei Flugzeuge, die den blauen Himmel in einem Akt menschlicher Selbstüberschätzung mit Kondensstreifen unter sich aufteilen und eine weltweite Eiszeit herbeiführen. Nur der Zug Snowpiercer, ein Perpetuum mobile erfunden vom genialen Wilford, umrundet viele Jahre später die lebensfeindliche Erdoberfläche. Die Glücklichen, die sich vor dem Kältetod in das Gefährt retten konnten, wurden einer sprichwörtlichen Klassengesellschaft zugeordnet. Wer ohne Ticket an Bord kam, hat sein Leben in Armut und Unterdrückung zu verbringen. Ein Upgrade ist nicht vorgesehen. Hier, am hintersten Teil des Zuges, treffen wir Curtis an, der, ohne den üblichen Erweckungsmoment, welcher solchen Geschichten meist erklärend vorangeht, den Aufstand plant. Sein Ziel: Die Kontrolle über die Maschine erlangen, die den Snowpiercer antreibt. “We move forward”, lautet sein mehrfach wiederholter Schlachtruf. “Yes, we can”, möchte man ihm als Antwort zurufen.
Abteil für Abteil gilt es zu erobern und so erinnert Bong Joon-hos Blockbuster bisweilen an einen in die Horizontale verlegten “The Raid” oder “Dredd”. Mehr noch als diese beiden reinen Actionfilme lebt Snowpiercer von der Ungewissheit, was die Aufständischen im nächsten Wagon erwartet. Wird es ein Blick auf die Oberschicht oder die geballte Gegenwehr derselben? Egal, was hinter den Türen lauert oder welche Opfer zurückbleiben, es muss weitergehen, immer weiter nach vorne, wie auch der Zug zum wiederholten Male eine Schneise durch Eis und Schnee fräst, wie groß auch das Hindernis vor ihm ausfällt. Dieser dynamischen Grundidee entsprechend ist “Snowpiercer” ein enorm unterhaltsamer Film, der seinen ausgeklügelten Action-Setpieces in jedem Level eine Variation zuteil werden lässt, weshalb sie nie monoton oder ermüdend wirken. Kein anderer Regisseur reicht momentan an Bong Joon-ho heran, wenn es gilt, die Anforderungen eines Blockbusters uneitel den eigenen künstlerischen wie sozialkritischen Ambitionen einzuverleiben und eine erstaunlich homogene Synthese dieser andernorts widersprüchlichen Impulse auf die Leinwand zu bringen. Selbst den jüngsten Filmen von Guillermo del Toro und Alfonso Cuarón kann dieses Lob nicht mehr ohne weiteres zugesprochen werden. Und wenn es einen Genrekollegen gibt, den “Snowpiercer” in Erinnerung ruft, dann Cuaróns sieben Jahre alten “Children of Men”.
Bong Joon-ho, Chronist der Verdrängung, stellt seine Protagonisten regelmäßig vor die Wahl, sich dem eigenen Versagen zu öffnen. In den Kriminalgeschichten “Memories of Murder” und “Mother” nehmen sie im übertragenen Sinne Reißaus, in “The Host” ganz praktisch, wenn Koreas verschwiegene Vergangenheit in Monstergestalt hinter ihnen her jagt. Curtis, dessen Erinnerungen sich auf sein Leben im Zug beschränken, fügt sich mit “Snowpiercer” ohne großen Widerstand in Bongs Heldenkabinett ein, das in der Filmografie eines anderen Regisseurs nur für Bösewichte taugen würde. Sein rücksichtsloses Streben an die Spitze um der Veränderung willen ahmt im Grunde die Bewegung des Zuges nach, was seiner “Heldenfahrt” eine Doppeldeutigkeit verleiht, die den meisten Blockbuster-Heroen verwehrt bleibt. “We move forward.” Aber was passiert, wenn man an der Spitze angekommen ist?
“Snowpiercer” geht dieser Frage nicht aus dem Weg, ebenso wenig wie sich Bong und seine Co-Autorin Kelly Masterson auf einfache Freund-Feind-Darstellungen verlassen. Wie schon in seinen vorherigen Filmen beweist sich der Humanist im Einsatz der Großaufnahme, die dem quälenden Schmerz repressiver Gewalt im ausdrucksstarken Gesicht von Ewen Bremner ebenso zärtliche Achtung schenkt, wie den von der Macht verzerrten und verzehrten Zügen der kaum wieder zu erkennenden Tilda Swinton. Das starke Ensemble um Go Ah-sung, Song Kang-ho, Vlad Ivanov und Octavia Spencer kommt da wie gelegen und so verliert Snowpiercer den Mensch in dieser mit allen Mitteln auf den Fortschritt drängenden Rebellion nicht aus den Augen. Ein weiträumiges Kammerspiel ist Bong Joon-ho gelungen, eine dystopische, aber tagesaktuelle Zukunftsvision, die sich nicht davor scheut, mit ihrem clever gecasteten Helden eine der erzählerischen Grundfesten des Unterhaltungskinos zu entblößen. Der als nahezu sakrales Wunderwerk gefeierte Snowpiercer ist schließlich nur ein Zug. Und der fährt im Kreis.
Nachdem das vergangene Jahrhzehnt den altbekannten Superhelden von DC und Marvel zu neuem Leinwandglanz verholfen hat, scheint nun Platz für eine weitere Stufe in der Evolution der Comicverfilmungen, die kein Ende zu finden scheint. Neben Matthew Vaughns Adaption von “Kick-Ass”, der wie Alan Moores “Watchmen” von einer Phase der verstärkten Genre-Reflexion zeugt, lässt dieses Jahr auch Scott Pilgrim vs. the World die Fanherzen höher schlagen. Blickt man zehn Jahre zurück auf “X-Men” und “Spider-Man”, scheint sich nun im Kino ein knallbunter Quantensprung vollzogen zu haben, der die genannten Filme reichlich altbacken, ja fast schon klassisch wirken lässt.
“Scott Piglrim” basiert auf einer Comicserie von Bryan Lee O’Malley, deren erster Band 2004 veröffentlicht wurde. Der Film, bei dem Edgar Wright (“Hot Fuzz”) Regie geführt hat, handelt vom titelgebenden Teen Scott (Michael Cera), der sich in ein Mädel verliebt. Dumm nur, dass deren verflossene Liebhaber(innen) sich daran machen, ihren Konkurrenten ins Jenseits zu schicken. Wie in einem modernen Märchen muss der Neue die sieben Alten besiegen, bevor das Glück zu zweit sich entfalten kann. Das sagt zumindest die Synopsis. Der Trailer sagt folgendes: Edgar Wrights frenetischer Stil ist erkennbar, aber wird er ohne Simon Pegg bestehen können? Michael Cera ist insofern die große Unbekannte, als fraglich ist, ob er in dem Film die nötige Wandlungsfähigkeit beweisen kann, die ihm in den Kritiken zu “Youth in Revolt” zumindest attestiert wurde. Der Trailer meint zu diesem Thema erstmal: Nö.
“Scott Pilgrim vs. the World” wird hierzulande am 4. November 2010 als “Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt” anlaufen. Den Trailer gibt’s in hervorragender Qualität bei Apple.