DC-Entertainment ist im Kampf mit dem ewigen Konkurrenten Marvel nicht den leichten Weg gegangen. Statt „Flash“, „Wonder Woman“ oder andere bekannte Größen ins Kino zu bringen, setzten sie auf den zumindest außerhalb der USA wenig bekannten Green Lantern. In einem von Reboots, Sequels und Prequels beherrschtem Genre ist das eine durchaus spannende Wahl, die vor allen Dingen eines verspricht: der Zuschauer bekommt etwas zu sehen, was er noch nicht zur Genüge kennt. Doch die Enttäuschung könnte herber nicht ausfallen, denn eines hat der Film mit seinem Hauptdarsteller gemeinsam. Keiner von beiden kann mit einer originären Form von Kreativität punkten. So ist der Held im Besitz eines Ringes, der alles verwirklichen kann, was sich sein Träger vorstellt. Im Kampf erdenkt er sich aber nur Schwerter, Go-Cart-Bahnen oder riesige Fäuste. Sein Repertoire spiegelt stets wider, was er aus Filmen und seinem oder anderen Kinderzimmern kennt. Mit Green Lantern verhält es sich ebenso. Wenn man alles in einen Topf wirft, was in den letzten Jahrzehnten in Hollywood Erfolg hatte, gut umrührt und etwas von einem Comic über grüne Männer mit Laternen hinzufügt, dann kann das Ergebnis kaum anders aussehen. Das panische Fliehen von Menschen vor (über)natürlichen Katastrophen könnte direkt aus einem Roland Emmerich-Film stammen. Wie bei „Star Wars“ wird der Film von einer Moral bestimmt, in deren Zentrum die Beherrschung von Gefühlen steht. Und schon Topper Harley war nicht der erste Jetpilot, der in Angststarre mit Flugzeug und Vater kämpfte. Die Liste könnte ewig weiter gehen. Vielleicht hatten Casino Royale-Regisseur Martin Campbell und seine Drehbuchautoren zu viel Angst. Doch der Reihe nach.
Unendliche Weiten. Ein Wesen namens Parallax, das sich pure Angst zu Nutzen gemacht hat, befreit sich und legt nach und nach das Universum in Schutt und Asche. Ihm steht das Green Lantern Corps entgegen, welches das Universum vor allem Bösen zu schützen trachtet. Doch gegenüber der übermächtigen, braunen Angstwolke, nicht unähnlich einem großen Haufen Kot, sind sie machtlos. Ein gefallener Green Lantern landet mit letzter Kraft auf der Erde, wo sich sein Ring, der mit der Essenz puren Willens angefüllt ist, einen würdigen Nachfolger sucht. Die Wahl des esoterischen Schmuckstücks fällt auf den verantwortungslosen, aber erfolgreichen Kampfjetpiloten Hal Jordan (Ryan Reynolds), der sich schnell beweisen muss, denn nicht nur Parallax gilt es zu besiegen. Auch den Wissenschaftler Hector Hammond (Peter Sarsgaard), der mit Teilen von Parallax infiziert wurde und mit den neugewonnen übernatürlichen Kräften Hals Umgebung bedroht.
Doch nicht die äußeren Schlachten stehen im Mittelpunkt von Green Lantern, sondern die inneren Kämpfe von Hal und Hector, die beide mit ihrem Vaterkomplex ringen. Jeder ist dabei der Spiegel des anderen, da sie sich den ganzen Film im Gleichschritt entwickeln, teilweise sogar in Parallelmontage dargestellt, und auf diametral entgegengesetzte Art mit ihren Minderwertigkeitsgefühlen umgehen. Das ganze Filmuniversum ist dabei die Externalisierung der Zwickmühle, in der sie gefangen sind. Parallax, der alle mit Angst paralysiert, stellt nichts anderes dar als die Furcht, dem Vater nicht gerecht zu werden. Auf der anderen Seite ist der protofaschistische Green Lantern Corps, der auf die Macht des Willens besteht und in Angst nur Schwäche sieht, die Über-Ich Instanz des Vaters. Hal wird von ihnen geradezu logisch als Feigling verstoßen, der eine Schande der Einheit wäre. In dieser zutiefst männlichen Welt gibt es also anscheinend nur ein Problem, den Vater.
Die schwache Umsetzung dieses Grundproblems wird dadurch das größte Problem des Films. Dieser externalisierte Vaterkomplex wird als allgültige Philosophie mit arroganter Penetranz dem Zuschauer auf die dümmste mögliche Art aufgedrängt. Die bedeutungsschwangeren, aber jämmerlichen Dialoge, in denen die Antipoden Angst und Wille immer wieder abgehandelt werden, hinterlassen einen mehr als flauen Nachgeschmack. Alle Probleme des Films werden zwanghaft auf zwei/drei Gefühle runter gebrochen. Der Wunsch der stoischen Philosophie des „Star Wars“-Universums eine ebenbürtige Weltanschauung gegenüberzustellen, scheitert eben daran, dass sich der Vorbilder zu deutlich bedient wird. Besonders da diese nicht ausbaut werden, sondern beschnitten. Beim Kampf mit Parallax kann schon einmal der Imperator vermisst werden, der Hal auffordert, sich seiner Wut hinzugeben. Green Lantern kommt so nie über den Status einer billigen Kopie hinaus.
„And cheapness (…) has nothing to do with the budget of the film, although it helps.“, hat Frank Zappa einmal gesagt. Green Lantern macht auf beeindruckende Weise deutlich, wie wahr dies doch ist. Die Hilfe eines geringen Budgets haben sie bei einem wahrscheinlichen Betrag von 200 Mio. Dollar nicht in Anspruch genommen. Trotzdem schaffen es die Macher, ein Feuerwerk an Kläglichkeit abzuschießen, dass es nur so eine Freude ist. Einzig die 3D-Bilder scheinen mit Verstand komponiert und sind nicht einfach nur aufgeblasenes 2D. Charaktere und Handlung sollen groß aufgebaut werden, doch jedes Potential verläuft sich im Sand. Lieblos wird sich auf die schwache Angstideologie gestützt, wodurch alles eindimensional bleibt. Alleine Ryan Reynolds schafft es, problemlos jeden Ansatz von Charisma zu umgehen, und führt so ein blasses Ensemble an, in dem Charaktermimen wie Tim Robbins oder Angela Bassett nicht einmal die Chance bekommen, ihre Figuren mit Leben zu füllen. Das alles wäre aber gar nicht mal ärgerlich, wenn wenigstens die Action stimmen würde. Doch alles zieht nur vorbei. Die Actionszenen enden, ohne dass Dramatisches geschehen ist. Sie hinterlassen bloß die Frage, ob das alles war. Green Lantern möchte alles sein, Fantasy-Charakterstudie und Actionspektakel, doch nichts davon wird überzeugend umgesetzt. Was bleibt ist ein riesiger Aufbau, der, zumindest die Trash-Fans wird es freuen, talentfrei in sich zusammenbricht.
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