Der Traum eines jeden Möchtegerne-Schriftstellers besteht wohl darin, nach einer orgiastisch-bacchanalischen Party nach Hause in sein Drecksloch zurückzukehren und über das Erlebte, und natürlich über sein Weltschmerz zu schreiben. Alles natürlich bei einem kühlen Bier. À propos… Ahh… Wicki!!!
Wie dem auch sei! Mit Wein, Cola, Chips, Schokolade, Zigaretten und einem Kugelschreiber (spitzer Gegenstand!) bewaffnet bin ich zum Bus gegangen, der mich zum Ort der Vorführung bringen sollte. Wie voll der Bus war. Vor allem mit lauter Mamis (und auch vielen Papis) mit ihrem Nachwuchs und entsprechenden Lokomotionsmitteln (Kinderwagen im Volksmund). Um etwa 18.26 (könnte auch 24 oder 28 gewesen sein) stand ich vor den Räumen von CampusTV. Avantgarde zu sein ist an sich cool, nur dass man dann halt oft auf die anderen, die Nachzügler, die Nachhut warten muss. Aber nicht schlimm. Die anderen Cinephilen trudelten auch ein und wir konnten endlich mit dem Indiana Jones Triple Feature beginnen. Aber natürlich erst, nachdem wir in einem komplizierten Verfahren (Demokratie? Basisautokratie?) unsere Auswahl für das Pizza-Dinner getroffen hatten. Und nach dem Anstoßen auf die gelungene Jobsuche Judiths mit einem Cassis-Prosecco.
Ich hatte bisher nur den dritten Teil vor langer, langer, sehr langer Zeit geschaut. Bruchstücke waren haften geblieben: der Typ der am Schluss im Schnellverfahren altert und wegfault (wie gesagt: sehr lange… ich war noch jung und leicht zu erschrecken), den Einsatz des Regenschirms zur Bekämpfung angreifender Kampfflugzeuge durch Sean Connery, die enge Vater-Sohn-Beziehung, symbolisiert durch Aneinander-auf-Stühlen-angebunden-Sein, während ringsum alles in Flammen aufgeht und die Tatsache, dass die Nazis die Bösen waren. Letzter Punkt hat übrigens beim zweiten Teil irgendwie gefehlt… wie übrigens auch eine kohärente Story. Nun ja… kohärent? Indiana Jones und der Tempel des Todes, kurz gesagt, hat mir am wenigsten gefallen, was auch nicht damit zusammenhing, dass ich meine Pizza zu dem Zeitpunkt schon fertig gegessen hatte. Viele Gags waren etwas ephemer, vom etwas merkwürdigen Bild, das vom Essverhalten der Inder gezeichnet wird, mal ganz abgesehen. Indisches Essen ist nämlich awesome! Ich war übrigens der Meinung, dass der gehirngewaschene Indy sein wahres Ich gefunden hatte: er genoss – zu Recht – wie die hysterische Frau mit der nervenden Stimme langsam in die Lava heruntergelassen wurde. Willie war wirklich das schlechteste Indy-Girl! Die Brücken-Szene gab aber eine ganz neue Perspektive über die Schaukelbrücke im Weimarer Goethe-Park, obgleich, glaube ich, keine Krokodile in der Ilm schwimmen (darüber sollte man nachdenken). So… damit hätten wir glaube ich den schwachen zweiten Teil der Serie besprochen.
Jäger des verlorenen Schatzes und Der letzte Kreuzzug haben eigentlich so ziemlich alles, was ein Film für einen unterhaltsamen Abend mit Freunden, Wein, Chips, Pizza und schwarzem Kaffee so braucht: gute Action, hohes Tempo, Witz und Ironie, ein Held mit Lederjacke, Hut und Peitsche (besser als McGyver mit schweizer Taschenmesser und… Vokuhila), schöne Frauen, Gewalt, Schlangengruben, Cameos, tolle Locations die mit impressionistischen Totalen verarbeitet werden können, Sonnenuntergänge, Sean Connery (nun ja, eigentlich nur der dritte), böse gemeine fiese stinkende lederbemäntelte Nazis, die Deutsch mit amerikanischem Akzent sprechen und am Schluss (spätestens) weggerotzt werden, Schweiß, Blut, Explosionen, Verfolgungsjagden… Hab ich eigentlich schon die Nazis genannt: „Ihr solltet aufhören, Bücher zu verbrennen und sie vielleicht mal lesen“!
Als Historiker müsste ich natürlich was zur Darstellung von Geisteswissenschaftlern in Filmen sagen. Interessant, wie Indy zwischen dem biederen, etwas verklemmten, langweiligen Professor (oder zumindest Dozent) für Archäologie, der mit überdimensionierter Brille (sie wird mit jedem Film größer) und einem Stock im Arsch durch die Gegen wuselt und dem Abenteurer mit Hut, Peitsche und Lederjacke, der spannende (und manchmal potentiell tödliche) Rätsel löst, Leute wegrotzt, Grabschändungen begeht und seinen gestählten Körper für alle möglichen Stunts einsetzt, hin und her springt (hui! langer Satz!). „Das gehört ist Museum!“ „DAS GEHÖRT INS MUSEUM!“ Also ganz ehrlich: ganz ethisch geht er seinem Beruf nicht immer nach (siehe vor allem die body count). Dafür aber cool!
Die völlig entgrenzte Begeisterung für Quellen (i. w. S.) die eigentlich keinen normalen Menschen interessieren (Inschriften auf Schildern, mittelalterliche Kirchenfensterkunst, Kleenex-Fragmente mit irgendwelchen indischen Gottheiten und Halbgottheiten etc.) kann ich aber durchaus nachvollziehen. Dass nicht jedem vor dem Protokoll einer Dorfversammlung in der russischen Pampa während der Revolution das Wasser im Mund zusammenläuft, werde ich wohl vielleicht noch schnell genug merken. (Es ist trotzdem WAHNSINNIG spannend!)
Der Abend endete um 1.30 Uhr morgens. Etwas unglamourös wurde noch der Müll eingesammelt, leere Flaschen beiseite gestellt, angebrochene Chipstüten eingepackt und der Schlüssel beim Pförtner in seiner schalldichten Kabine gebracht. Ins Stadtzentrum laufen, zwei Zigaretten, ein Bier, ein bisschen was schreiben. Und schon hat man einen glücklichen Tag hinter sich. Und eine hoffentlich erholsame, wenn auch nicht besonders lange (Rest-)Nacht vor sich…