Wollmilchcast #103: Avatar – Aufbruch nach Pandora von James Cameron

Bevor die geplanten Sequels ins Kino kommen, reisen wir zurück ins Jahr 2009, als James Cameron in Avatar – Aufbruch nach Pandora die 3D-Revolution ausrief. Wir sprechen darüber, ob man dem Blockbuster das Alter ansieht, ob der Pocahontas-Vergleich greift und wie sich Camerons Na’vi-Abenteuer in die jüngere Tentpole-Ästhetik (Stichwort Avengers: Endgame) einordnet. Dann geht es weiter zurück ins Jahr 1930, wo Charles Boyer in der französischen Version des Knastfilm-Klassikers Hölle hinter Gittern erste Schritte in Hollywood tat. Zurück reisen wir danach ins Jahr 2020 zur Neuverfilmung von Jane Austens Emma mit Anya Taylor-Joy. Emma. gibt es nach den aktuellen Kino-Schließungen übrigens als VOD-Leihe. Viel Spaß!

Shownotes:

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Not Another Alien Invasion Movie

Der Typ von Nobono hat mir gesagt, dass ich diesen Trailer posten soll, also mach ich das jetzt (vollkommen verspätet). Battle: Los Angeles könnte ein gigantisch dummer Action-Reinfall werden, aber ungeachtet des dubiosen Personals hinter der Kamera sei an dieser Stelle zugegeben, dass der Trailer recht effektiv ist. Um ein vielfaches besser ist er als jener für “Otto’s Eleven”, den ich am Dienstag vor “Unstoppable” (!) bewundern durfte. Aber das nur am Rande. “Battle: Los Angeles” wird in Deutschland am 14. April 2011 in den Kinos starten. Den Trailer kann man auch bei YouTube anschauen.

Avatar (USA/GB 2009)

Anlässlich des kurzen Aufenthalts des Königs der Welt auf unserer Erde, habe ich mir Avatar in einem 3D-Kino angeschaut; wohlgemerkt mein erster Besuch in diesem Tempel der Brillenschlangen. Vielleicht werde ich deswegen im Folgenden etwas nachsichtig mit der Rückkehr des Königs sein. Vielleicht, hätte ich den Film erstmals auf meinem mickrigen Kaufland-Fernseher im nicht weniger hässlischen Plattenbau meines Vertrauens gesehen, wäre ein Verriss die einzig mögliche Antwort auf all die vergebenen Chancen, unfreiwillig komischen Dialoge und rudimentär ausgebildeten Handlungsstränge gewesen. Doch so ist es nunmal nicht gewesen und das lässt sich mit meinen begrenzten Zeitreisemöglichkeiten auch nicht ändern. Es ist allerdings nicht so, dass ich mich dafür entschuldigen muss, “Avatar” für einen guten Film zu halten. Das ist er schließlich nicht. Nach konventionellen wie unkonventionellen Maßstäben verdient James Camerons Sci Fi-Abenteuer dieses Prädikat nicht. Dazu ist die Öko-Message zu plump und etwa zwanzig Jahre zu spät vorgetragen, die dürftige  Handlung ansonsten nur Vorwand für visuelles Spektakel, die Figuren zu flach, das Design Pandoras stellenweise mehr als man an buntem Kitsch ertragen kann. Aber dafür sieht der Film schön, echt, atemberaubend aus, denn solch einen Grad an Realismus der Computereffekte habe ich noch nie vorher gesehen. So einfach ist das. Insofern bekommt Cameron schon mal einen Pluspunkt auf der Liste der Pros und Contras, denn welcher Regisseur posaunt vorher nicht gern herum, sein Film sei ein Meilenstein der digitalen Effekte? Welcher Regisseur kann die Erwartungen aber tatächlich erfüllen? Cameron kann es, tut es und findet damit die einzige Existenzberechtigung seines ansonsten maßlos uninteressanten Films.

“Avatar” bietet eine bisher ungesehene Greifbarkeit künstlich erschaffener Welten; eine Lebendigkeit in den Augen seiner blauen Na’vi, von der einer wie Robert Zemeckis nur träumen kann. Wäre “Avatar” ein annehmbar geschriebener Film mit einer existenten Figurencharakterisierung, könnte man glatt mit den blauen Dingern mitfiebern. So erstickt die Vorhersehbarkeit der Faszination und gleichzeitigen Abscheu vor dem militärisch-industriellen Komplex, die Cameron mal wieder offenbart, jedes wirkliche Interesse. Von Anfang an ist schließlich klar, wo das alles hinführen wird. Sully, der etwas dummdreiste Soldat, der von den umweltfreundlichen Wegen der Na’vi bekehrt wird, muss gegen seine einstigen Militär-Kumpels antreten, die des Profites wegen das schöne Pandora verunstalten, die Ureinwohner verjagen wollen. Anstatt jedoch die umfangreichen 160 Minuten Laufzeit für eine weitere Verfeinerung dieses altbekannten Schemas zu nutzen, vertrödelt Cameron die meiste Zeit mit der Exploration Pandoras. Angesichts der Energie, welche in die Entwicklung der Effekte im Vorfeld der Produktion geflossen sein muss, ist das ausführliche Auskosten aller Attraktion auf der Spielwiese, das “Avatar” eigentlich darstellt, nur allzu verständlich. Für eineinhalb Stunden kann man da auch mal über die geäußerten Esoterik-Weisheiten und depperten Kommunikationsversuche der Figuren hinwegsehen, die einen, wenn nicht lachen, so doch im Kinosessel zusammenzucken lassen. Doch 160 Minuten?

Über die Ziellinie rettet Cameron seinen Film mühsam mit der finalen, wirklich ansehnlichen Schlacht. In der beweist er wieder einmal, was er am besten kann: Action inszenieren. Romantik hat er anscheinend seit “Titanic” verlernt (oder satt) und liefert uns stattdessen eine “Vereinigung”, die man auch bei den Teletubbies hätte reinschneiden können, ohne einen Tyler Durden-Effekt hervorzurufen. Dialogszenen… ach das hatten wir schon. Die wundersame Erstarrung vor dem übermächtigen Effekt – das kann er auch und betreibt es über weite Strecken des Films. Je nachdem, wie sehr man sich an bunten Welten, leuchtenden Bäumen, Wiesen, Tieren erfreuen kann, wird “Avatar” überzeugen. “Avatar”, ich hab dich gesehen und fand dich hübsch.