Ein Handwerk, das ist die Revolution. Man übt diesen Job eben aus. Die Bezahlung? Für die einen vielleicht der Sieg. Für die anderen die Selbstverwirklichung in der konkreten Tat. Die quälende Wanderung durch den Dschungel, die sich stetig wiederholenden, motivierenden Reden vor der Truppe. In ihrer Ritualisierung stehen sie den ausgiebig eingefangenen Begrüßungen zwischen den Revolutionären in nichts nach. Zwei Kompanien treffen sich wieder. Che geht die Reihen durch, jeden seiner Kameraden umarmt er. Äußerlich wohl ein Zeichen der Freundschaft, ist das alles Teil des Jobs. So wird der Zusammenhalt innerhalb der Truppe sichergestellt, wie auch der für das Gelingen der Revolution unabdingbare Rückhalt in der Landbevölkerung mit der persönlichen Geste, dem Handschlag, zementiert wird. Wieder muss unter den Bewerbern aussortiert werden. Wieder die Fragen: Wer hat eine Waffe? Wer kann lesen und schreiben? Wie alt seid ihr? Die Revolution als Fließbandarbeit, welche sich durch immer gleiche Handgriffe und Gesten auszeichnet.
Che – Revolución ist kein Drama, kein Biopic, sondern unbeteiligte Beobachtung. Stirbt einer der bewaffneten Kämpfer, verweigert der Film die Stilisierung des Moments als tiefen Einschnitt in der Geschichte, denn es gehört eben dazu, genau wie das Nachladen, das Schwitzen und das Warten. Eine ‘Geschichte’ will “Che” wohl auch gar nicht erzählen, denn es fehlt die gewöhnliche Dramaturgie, dank der Abwesenheit von konstruierten Höhe- und Wendepunkten. “Che” erzählt nicht, es wird stattdessen der Ablauf der Revolution beobachtet, inbegriffen die Distanzierung und tendenzielle Unübersichtlichkeit, die solch ein filmisches Vorgehen eben mit sich bringt. Wann immer – das ist glücklicherweise selten – der Film in Versuchung gerät von der Unpersönlichkeit abzuweichen, stechen ein paar Sekunden oder wenige Minuten grell heraus aus dem atmosphärisch unterkühlten, selbst in seinen bunten Phasen wie ein schwarz-weiß-Film wirkenden Prozedere.
Über Motive will man etwas erfahren und über die Psychologie hinter dem Mythos, der in den letzten Jahrzehnten zur rot-schwarzen Schablone verkommen ist. Wie tickt denn so ein Großer der Geschichte? Wenn auch viel geredet wird über die Grundlagen einer Revolution und des Guerilla-Krieges, ist das Bild des schwer atmenden, von einem Asthma-Anfall geplagten Revolutionärs auf seinem mühsamen Weg durch die Sierra Maestra an Aussagekraft über sein Dasein unübertroffen. Tiefschürfende Psychologisierung wäre in den 134 Minuten nur ein störender Fremdkörper. Warum geht Che nach Kuba? Er will die Welt verändern. Hat er es geschafft? Ja. Wie ist’s abgelaufen? Schaut es euch an.
Benicio Del Toros Che ist ein charismatisches Konglomerat aus ideologischen Grundsätzen und Taten. Es ist nicht das Abziehbild der Ikone, kein vom Sockel gestürzter erbärmlicher Schatten und erst recht nicht der posierende Held, dem man dramaturgisch manipuliert zujubelt, mit dem man sich – wie sagt man so schön – ‘identifiziert’. Er ist ein Revolutionär, der seiner Arbeit nachgeht und revolutioniert. Er kämpft, redet, hustet, verhandelt und befolgt die Befehle seines Vorgesetzten, Fidel Castro. Noch erreicht er sein Ziel, doch irgendwann im zweiten Teil dieser Produktionshistorie, wird das Fließband stocken, wird er beim Zusammensetzen seiner zweiten Revolution nicht hinterher kommen und schließlich ins Leere greifen. Nach Che – Revolución will ich das Scheitern im Job auch sehen.